Der Umstand, dass Männer und Frauen auch heute noch ungleich entlohnt werden, sollte nicht einfach hingenommen werden. Der Equal Pay Day (EPD) will sowohl die Politik als auch Arbeitgeber und Gesellschaft auf diesen Missstand aufmerksam machen.
Arbeiten jedes achte Jahr kostenlos
Männer und Frauen werden ungleich entlohnt. Darauf macht der so genannte Equal Pay Day beziehungsweise der Internationale Aktionstag für Entgeltgleichheit aufmerksam. Dieser wurde heuer in Österreich am 16. Februar begangen und besagt, dass Frauen bis zu diesem Tag aufgrund der geringeren Entlohnung kostenlos gearbeitet haben. Aktuell liegt die Einkommensdifferenz in Österreich, der Pay Gap, im Durchschnitt bei 13 Prozent. Das sind umgerechnet 47 Arbeitstage, die Frauen kostenlos arbeiten, oder, anders ausgedrückt, arbeiten Frauen circa jedes achte Jahr kostenlos.
Für diese Zahlen wird der Einkommensbericht der Statistik Austria herangezogen. Die Daten für die Berechnung des EPD beziehen sich auf die ganzjährig Vollbeschäftigten (ohne Lehrlinge).
Selbst in Österreich gibt es regionale Unterschiede: Während sich der EPD in Niederösterreich am 13. Februar errechnet, liegt er in der Steiermark auf dem 27. Februar. Wien schneidet mit dem 11. Jänner am besten ab, Vorarlberg bildet mit dem 21. März das Schlusslicht. Nachgefragt, weshalb vor allem der letztgenannte Unterschied so gravierend ist, informiert das Frauennetzwerk Business & Professional Women, das hinter dieser Initiative steht: In Wien sei zum Beispiel in Behörden und staatlichen Institutionen keine Gehalts- und Lohndiskriminierung möglich. Dort seien viel mehr Frauen und Männer in Behörden angestellt als in den Bundesländern. Außerdem seien Frauen durch die besser ausgebaute Kinderbetreuung – auch ganztags – weniger gezwungen, so lange in Karenz und Teilzeit zu arbeiten wie in den ländlicheren Bundesländern, was sich dann auch bei einem Vergleich von Vollzeit-Anstellungen niederschlage. So würden weniger Gehaltssprünge verpasst oder schlechtere Jobs, die nicht den Qualifikationen entsprechen, angenommen.
Rollenbilder verändern
Ziel der Initiative ist unter anderem gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit, gerechte Bezahlung, geschlechtsunabhängig nach Leistung und Qualifikation, sowie ein Bewusstsein für diese Ungerechtigkeit in der Gesellschaft schaffen.
Die nächsten erforderlichen Schritte, um diese Ungerechtigkeit zu verändern, sind laut BPW Austria, dass die Politik Gesetze, die Lohndiskriminierung unmöglich machen, erlassen und auch kontrollieren müsste. Die Arbeitgeber müssten sich daran halten.
Ebenfalls sei es wichtig, die Rollenbilder in den Köpfen zu verändern, wofür wiederum die Politik gefordert wäre, die zum Beispiel durch verpflichtende gleich lange Karenz beider Elternteile die Gesellschaft nachhaltig verändern könnte. Dadurch würde sich langfristig gesehen auch die Paarbeziehung ändern, weil ein Mann, der sechs Monate in Vollzeit den Säugling/das Kleinkind betreut hat, danach anders mitarbeite als davor. Die ungleiche Verteilung der Care-Arbeit wäre somit auch nicht mehr so stark zu Ungunsten der Frauen verteilt.
Auch für ein Unternehmen wäre es in dem Fall egal, ob sie eine Frau oder einen Mann einstellen, weil beide gleich lange ausfallen würden. Nur solche Wege führten letztendlich zu einer echten Veränderung. Skandinavische Länder würden uns das wunderbar vormachen!
In Österreich fand der erste EPD im Jahr 2009 am 16. April statt. Seither ist der Aktionstag nach vorne gerückt. Der Verein weist allerdings darauf hin, dass die Gleichstellung, wenn es in dieser Geschwindigkeit weitergehe, erst 2076 erreicht sei.
Einblicke in einen Betrieb aus dem Wechselland
Der Verein Karl Schubert Haus ist eine soziale Einrichtung mit Häusern in Aspang, Mariensee, Mönichkirchen und Breitenstein, die Menschen mit Behinderung Lebens- und Arbeitsraum bietet. Wir haben den Leiter Wilhelm Schenker gefragt, wie die Lohngleichberechtigung im Verein gelebt wird.
WLZ: Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei Ihnen beschäftigt und wie sieht es in Bezug auf den Männer- und Frauenanteil aus?
W. Schenker: Im Jänner 2023 wurden 127 Mitarbeiter abgerechnet. Darunter waren 81 Frauen mit insgesamt 10.578 geleisteten Stunden und einer Gehaltssumme von 177.583 Euro. 46 Männer leisteten 6.775 Stunden mit einer Gehaltssumme von 111.540 Euro. Im Vergleich ergeben die Gehaltssummen, geteilt durch die Stunden, einen um 33 Cent pro Arbeitsstunde höheren Durchschnittswert bei den Frauen. Zur Gleichbehandlung bei den Gehältern zeigen sich in obigen Kennzahlen keine Alarmsignale. Zumindest halbwegs gerechte soziale Verhältnisse zu ermöglichen, gehört zu unserem eigentlichen Kerngeschäft.
WLZ: Gleichberechtigung ist in Ihrem Haus ein wichtiges Thema. Ist damit auch die Lohn-Gleichberechtigung miteingeschlossen? Wie wird das in der Praxis umgesetzt?
W. Schenker: Die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen sind für eine faire Verteilung von Arbeitszeit und Gehältern nicht nur förderlich, denn bei aller Sinnhaftigkeit dieser Regelungen einerseits schränken sie andererseits auch die Selbstbestimmung der unmittelbar Betroffenen ein. In unserem Fall erzwingt z. B. das Arbeitszeitgesetz mit seinen Dienst- und Ruhezeiten unnötiges Pendeln zwischen Arbeit und Wohnort. Das tut weh und steht ökologisch/ökonomischen Lösungsansätzen im Weg. Die Arbeitszeit-Regelungen erweisen sich auch bei kreativ-dynamischen Projekten wie dem Theater im Sägewerk u.a. als unpraktisch, weil nicht situationselastisch.
Und ja, wir diskutieren darüber, welchen Wert eine Formalqualifikation hat, haben kann und haben sollte. Wenn Equal Pay auf Schiene ist, stellt sich beim Blick auf die Lohnschere erneut die Frage nach Fairness bzw. danach, wie viel Ungleichverteilung eine Organisation aushält? Gibt es da so etwas wie ein gesundes Maß an Lohnspreizung? Die Untersuchung der Frage für das Karl Schubert Haus ergab, dass das Verhältnis nicht größer als eins zu zwei sein sollte. Das höchste Vollzeit-Bruttogehalt darf maximal doppelt so hoch als das niedrigste sein.
WLZ: Hat sich der Männer- und Frauenanteil bei der Arbeit mit Menschen mit Behinderung in den vergangenen Jahren verändert? Wie hat sich die Anerkennung dieses Berufsbildes verändert?
W. Schenker: Nein, der Anteil hat sich nicht signifikant verändert. Die Anerkennung dieses Berufsbildes ist mit den Jahren besser geworden. ❏
Stefanie Schadler