Der Mutter zur Ehre

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Der Muttertag wurde nicht vom Handel erfunden, sondern hat seinen Ursprung in Amerika. Seit dem 20. Jahrhundert ist er ein Feiertag zu Ehren der Mutter.

Eine nicht zu stoppende Bewegung

Schon weit vor 1900 setzten sich verschiedenste Menschen dafür ein, die Mutter an einem speziellen Tag zu ehren. So wurden während des Amerikanischen Bürgerkriegs im Jahr 1865 „Mothers Day Meetings“ als Austauschplattform für Mütter organisiert. Auch die Schriftstellerin Julia Ward Howe setzte sich 1870 für einen Ehrentag für Mütter ein, wobei im Hintergrund der Gedanke stand, einen Protesttag gegen den Krieg einzuführen. 

Grund für die Etablierung eines Ehrentages für Mütter war allerdings ein anderes Ereignis: Nach dem Tod von Ann Maria Reeves Jarvis am 12. Mai 1905 entbrannte bei ihre Tochter Anna Jarvis der Wunsch, dass Mütter noch zu Lebzeiten und nicht erst nach ihrem Tod geehrt werden sollten. Anna Jarvis war eine gewöhnliche Bürgerin, die ihre Mutter sehr ehrte und als Identifikationsfigur sah. Zwei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter feierte sie in Grafton einen Gedenkgottesdienst und bat dabei den Pfarrer, bei seiner Predigt die Rolle der Mutter in der Gesellschaft zu erläutern. Durch ihren Einsatz kam es auch im darauffolgenden Jahr in Grafton zu einer Andacht am zweiten Maisonntag, die allen Müttern gewidmet war. Es folgten zahlreiche Briefe an Politiker, einflussreiche Männer und Geistliche, denen sie ihr Anliegen mitteilte. Ihre Bewegung wuchs rasch an und fand viele Anhänger. Es wurde zu ihrem Lebensziel, einen offiziellen Muttertag zu etablieren, der über sprachliche, kulturelle oder religiöse Grenzen hinweg gefeiert werden konnte. 

Durch ihre unermüdlichen Bemühungen wurde bereits 1909 in 45 Staaten der Muttertag gefeiert, andere Staaten folgten. Ein Erlass aus dem Jahr 1912 des US-Kongress besagte, dass als Zeichen der Liebe am zweiten Sonntag im Mai der Muttertag gefeiert werden soll. 1914 wurde der Muttertag erstmals als nationaler Feiertag in Amerika begangen.

Durch die steigende Verbreitung und Kommerzialisierung des Muttertags wandte sich die Gründerin im Laufe der 1920er-Jahre verärgert von diesem ab und kämpfte um die Bewahrung dieses ideellen Ereignisses vor der Kommerzialisierung und schließlich sogar um die Abschaffung. Doch alle Bemühungen schlugen fehl und kurz vor ihrem Tod 1948 enthüllte Anna Jarvis einer Reporterin, dass sie es sehr bedaure, den Muttertag ins Leben gerufen zu haben.

Weiterverbreitung und Nationalsozialismus

In den 1920er-Jahren verbreitete sich der Muttertag über England aus in die Schweiz, nach Finnland, Norwegen und erreichte 1924 schließlich auch Österreich. Das Datum wurde dabei aus dem Erlass des US-Kongress übernommen. In Dänemark wird der Muttertag hingegen bereits am zweiten Sonntag im Februar gefeiert, während er in Israel am 30. des Monats Schevat im jüdischen Kalender, also Mitte/Ende Februar, begangen wird. In Russland, Serbien, Rumänien und Bulgarien ehrt man die Mütter am Internationalen Frauentag, dem 8. März. In den meisten arabischen Staaten fällt der Muttertag auf den kalendarischen Frühlingsanfang, den 21. März. 

In Österreich gilt Marianne Hainisch, Begründerin und Führerin der Frauenbewegung in Österreich, als Initiatorin für die Verbreitung und Etablierung des Muttertages. Unterstützt wurde sie dabei von der Pfadfinderbewegung, die sich ebenso für die Feier eines Muttertages einsetzte.

Am Muttertag stehen Blumengeschenke an die Mutter an erster Stelle. Dieser Tag nimmt für den Blumenhandel den wichtigsten Tag im Geschäftsjahr ein und übertrifft sogar den Valentinstag. Auch Süßigkeiten, Parfum und kleine Geschenke werden gerne überreicht. Kinder lernen Muttertagsgedichte und basteln Kleinigkeiten im Kindergarten und in der Schule. Die Kommerzialisierung des Feiertags hat sich nicht nur in Amerika etabliert, sondern wurde auch in Österreich bzw. im gesamten deutschsprachigen Raum vom Handel dankbar aufgenommen.

Fälschlicherweise wird der Muttertag oft als Erfindung der Nationalsozialisten bezeichnet. Wahr ist hingegen, dass die Nazis unter anderem besonders kinderreiche Frauen ehrten: Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde der Muttertag Teil der Nazi-Ideologie: Bereits 1933 wurde aus dem Muttertag der „Gedenk- und Ehrentag der deutschen Mütter“. Man erklärte den dritten Sonntag im Mai zu einem offiziellen Feiertag und nutzte den Tag zu Propagandazwecken. Am Muttertag des Jahres 1939 etwa wurde drei Millionen Frauen das „Ehrenkreuz der deutschen Mutter“ verliehen – eine Medaille für besondere Gebärleistungen. Ab dem vierten Kind gab es die Auszeichnung in Bronze, ab dem sechsten in Silber, für acht und mehr Kinder die Variante in Gold. ❏           

Stefanie Schadler

Foto © by freepik: pvproductions, stefamerpik

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