Eine Hauptstraße mit Geschichte

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Ende 19. / Anfang 20. Jahrhundert waren die Mitglieder der Familie Rottler wichtige Persönlichkeiten in Aspang: Sie betrieben eine Brennerei, moderne Hotels und eine Fleischerei. Ein direkter Nachkomme der Familie lebt noch in Aspang.

Die Bürgerfamilie Rottler war in Aspang eine sehr einflussreiche Familie, der zu Hochzeiten der Großteil der Aspanger Hauptstraße gehörte. Am meisten ist zur Familiengeschichte rund um 1900 bekannt. Hier sind vor allem die Arbeiten der Brüder Franz, Rupert und Willi, Söhne von Josef Rottler, gut dokumentiert. 

Aus jener Zeit stellte Martin Lichtenauer, Angestellter der Gemeinde Aspang, zahlreiche Dokumente und Informationen zur Verfügung. Der letzte direkte Nachkomme, der heute 93-jährige Otto Rottler, ergänzt die Familiengeschichte mit seinen Erinnerungen aus der Kindheit. 


Das ursprüngliches Betriebsgebäude damals … und heute.

Rupert Rottler war Realitätenbesitzer, Hotelier und besaß unter anderem das Gasthaus Goldener Löwe. Im Obergeschoß wurden Zimmer vermietet, die mit einer Doppeltür vergrößert werden konnten. Es verfügte bereits um 1900 über fließendes Wasser und bot eine Lohnkutscherei, die die Gäste vom Bahnhof abholte und bequem ins Hotel brachte. Außerdem war eine Autogarage im Hotel integriert, was ein Zeichen für ihre gehobenen Gäste ist. Auch das erste Benzindepot in Aspang war im Besitz von Rupert Rottler und befand sich auf der Mönichkirchner Straße, aus Sicherheitsgründen außerhalb des Ortsgebiets. 

In den 20er-Jahren bzw. nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Hotelbetrieb eingestellt und die Likörfabrik vergrößerte sich in diesem Gebäude.

Hotel Goldener Löwe um 1912 … und heute

Der Speisesaal im Hotel

Willi Rottler übernahm die Fleischerei des gemeinsamen Vaters Josef. 1904 wurde das sogenannte Kunstfett kreiert, in das Motive aus Aspang geprägt wurden. 1909 wurde eine Kühlanlage für die Fleischerei umgesetzt. Generell war die Fleischerei modern und edel ausgestattet, etwa mit einer herabhängenden Decke und verzierten Fliesen, Einzelanfertigungen des deutschen Herstellers von Keramikwaren Villeroy & Boch. Lichtenauer weiß nur von einer zweiten Fleischerei in Leipzig, die in dieser Zeit ebenfalls von diesem Hersteller ausgestattet wurde.

Willi Rottler war der Onkel von Otto Rottler. Er erinnert sich, dass seine Mutter immer zu ihm gesagt hat: „Geh zum Onkel Willi Jause kaufen.“ Otto erinnert sich auch daran, dass der Metzger der Fleischerei eine so gute Salami gemacht hat, dass die Leute dafür von weither gekommen sind. In der Schule hat Willi Rottler mit den anderen Kindern immer Jause getauscht: Für die Bauernkinder waren seine Semmeln stets etwas ganz Besonderes, für ihn wiederum deren Bauernbrot.

Als die Wechselbahn 1910 gebaut wurde, versorgte dieser Betrieb die Bahnarbeiter täglich mit Essen. Zu dieser Zeit wurden zwischen 2.500 und 3.000 Arbeiter verköstigt. Ein Teil dieser Arbeiter hat in Baracken in Richtung des Aspanger Schwimmbades gewohnt. Zahlreiche Arbeiter sind in Aspang geblieben. Übrigens hat laut Otto Rottler auch die Likörfabrik von den zahlreichen Arbeitern profitiert.

Hotel „Zum Goldenen Brunnen“  mit Detailgeschäft. Um 1955 befand sich eine Fleischerei Selcherei in dem Geschäft.

Das Geschäft der Maria Strobel (geborene Rottler) heute. Sie führte in diesem Haus einen Feinkostladen und Delikatessen aus der K.-k.-Monarchie. Martin Lichtenauer interessiert sich nicht nur für diese Familiengeschichte, er selbst wohnt sogar in dem Haus, das früher Maria Strobl gehörte, eine Schwester der drei Brüder. 

Maria Pauli-Rottler war mit Professor Wolfgang Pauli verheiratet, einem Nobelpreisträger und unter anderem Ehrenmitglied der österreichischen Chemiker. Sie selbst führte in Aspang am Marienplatz ein Café. Eine Spezialität war laut Otto Rottler der dort verkaufte Frusa – der Name ist eine Zusammensetzung aus den Initialen von „Franz Rottler und Söhne Aspang“ –, ein cremiger Schokoladenlikör, der in einem großen Likörglas mit Schlaghaube serviert wurde.


Das Cafè Rottler von Maria Pauli-Rottler

Otto Rottler, Jahrgang 1929, ist der letzte direkte Verwandte der Familie Rottler. Er ist der Sohn jenes Otto Rottlers, der gemeinsam mit seinem Bruder Hans seit 1922 Anteile an der Likörfabrik Rottler besaß. Nach dem Ende der Likörfabrik blieb er mit seiner Mutter bis 1938 in Aspang, während sein Vater in einer Likörfabrik in Deutschland arbeitete. Danach fand der Vater eine Anstellung in Salzburg und die ganze Familie folgte ihm. Otto Rottler selbst war 56 Jahre lang in Salzburg verheiratet, arbeitete dort unter anderem als Elektriker, Kino-Vorführer und übernahm den An- und Verkauf in einer Werkzeugfirma. Zuletzt war er 22 Jahre lang bei der Gebietskrankenkasse Salzburg angestellt. Mit Salzburg wurde er „nie warm“, sodass er immer die Verbindung zu seiner Heimat Aspang hielt: Bereits als Kind besuchte er seine Großeltern regelmäßig in den Ferien, die die Bestattung Merk führten. Die ganze Familie besuchte ihn auch immer wieder in Salzburg, er war immer „der Onkel in Salzburg“. Zu Christine Kunz, die später das Haus übernahm, hatte er immer eine enge Verbindung und hielt über die Jahre Kontakt. Als er seine Frau pflegen musste, brach der Kontakt 15 Jahre lang ab. Danach trafen sie sich wieder und heirateten schließlich. Sie verstarb 2014. Seither lebt er allein im Haus der ehemaligen Bestattung in Aspang. 

Otto Rottler macht auch heute noch Schnaps nach den fünf Hausrezepten seines Großvaters, darunter vor allem den Coronabitter, hier am Foto abgebildet in einer Originalflasche mit der Schutzmarke, dem Rodler, einer Ableitung von dem Namen Rottler.

Otto Rottler mit dem Coronabitter nach Hausrezept

Heutige Andenken an die Familie Rottler sind nicht nur die zahlreichen Bauten, die vor allem die Hauptstraße in Aspang zieren. Auch das Franzosenkreuz ist mit der Familie verbunden. Das Franzosenkreuz dient als historisches Wahrzeichen und erinnert an den Durchzug der Franzosen am 20. Mai 1809. Damals zogen französische Regimenter in Aspang ein, bedrängten die Bevölkerung und wollten den Ort plündern. Dem damaligen Bürgermeister Johann Schirer ist es zu verdanken, dass der Markt gegen eine Lieferung von Naturalien davor bewahrt wurde. Ein Gerbergeselle, der in seiner Verbitterung auf die französischen Soldaten feuerte, wurde von diesen sofort erschossen. An der Stelle, an der sein Blut floss, wurde ein Holzkreuz errichtet, das als Wahrzeichen für diesen Schreckenstag gilt.

Nach Jahrzehnten kam durch Grundtausch und Kauf das Kreuz an die Grenze des Tischlermeisters Alois Lienhart und des Spirituosenerzeugers Franz Rottler. Zu dieser Zeit war das Kreuz alt und verfallen, sodass es dem Alois Lienhart im Einvernehmen mit seinem Nachbarn Franz Rottler zu verdanken ist, dass das Kreuz am alten Platz aus Kunststein neu entstehen durfte und somit seit dem 3. Mai 1926 unverwüstlich auch heute noch als Wahrzeichen dient.

Interessant: Eine Metallkapsel wurde damals in das Kreuz eingemauert. Wer diese öffnet, muss sich die nächsten Jahrzehnte um das Kreuz kümmern. Niemand wisse, was sich darin befinde, denn seit sie eingemauert worden sei, habe sie noch niemand geöffnet, so Lichtenauer.

❏ Stefanie Schadler

Quelle: Gedenkbuch der Familie Rottler

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