Nur ein kleiner Teil ragt aus dem weichen Waldboden hervor. Sie leben gerne in Gemeinschaft und ernähren sich von toten Organismen. Ein kleiner Einblick in ein verzweigtes System.
Pflanzen oder Tiere?
Teilweise im Frühling, definitiv aber zwischen Juli und Oktober freuen wir uns auf das reichhaltige Pilzangebot in den Wäldern, genießen den angenehmen Duft von Eierschwammerl- und Steinpilz-Plätzen. Aber was sind Pilze eigentlich? Gehören sie zu den Pflanzen oder Tieren?
Bis ins 20. Jahrhundert gingen Biologen noch davon aus, dass Pilze zu den Pflanzen zählen. Im Gegensatz zu Pflanzen haben sie allerdings keinen grünen Farbstoff und können daher nicht wie Pflanzen ihre Nährstoffe über die Photosynthese selbst herstellen. Die Zellwand der Pilze besteht zudem aus einem Mehrfachzucker namens Chitin, der wiederum bei Pflanzen nicht vorkommt. Auch zu den Tieren zählen Pilze nicht, obwohl sie sich über dieselbe Art ernähren, nämlich heterotroph. Das bedeutet, dass sie ihre Nährstoffe nicht selbst herstellen können, sondern aus der Umgebung aufnehmen müssen. Große Unterschiede zu den Tieren bestehen hingegen in den Pilzzellen, in denen sich Zellwände und Vakuolen befinden.
Pilze bilden daher neben Tieren und Pflanzen ein eigenes großes Reich der sogenannten Eukaryoten. Sie sind nämlich mehrzellige Lebewesen mit Zellkernen, von denen es über 100.000 Arten gibt. Zu den Pilzen zählen nicht nur Speisepilze wie der Steinpilz oder Giftpilze wie der Fliegenpilz, sondern auch Schimmelpilze oder Hefepilze.
Kilometerlanges Pilzgeflecht
Pilze bestehen aus vielen einzelnen Fäden, die Hyphen genannt werden und ein riesiges Geflecht bilden, das sogenannte Mycel. Dieses kann pro Tag bis zu einem Kilometer wachsen. Über die Mycelien nimmt der Pilz Nährstoffe aus dem Boden auf und transportiert sie über eine sehr weite Strecke. All das findet unter der Erde statt – bei einem Spaziergang durch den Wald sieht man nur einen kleinen Teil des Pilzes, den sogenannten Fruchtkörper, der ebenfalls aus Hyphen besteht und dem Pilz als Fortpflanzungsstruktur dient, da er hieraus seine Sporen ausbildet. Ähnlich wie die Samen der Pflanzen dienen sie ihm dazu, sich zu vermehren.
Pilze haben eine wertvolle Aufgabe im Abbau toter Organismen: Einige Pilzsorten bauen organische Stoffe wie Holz, vertrocknete Blätter, Früchte, sowie tierische Produkte wie Haare oder Hufe ab. Neben den Bakterien zählen sie daher zu den wichtigsten Zersetzern auf der Erde. Ohne sie wäre die Erde mit toten Organismen überhäuft.
Aus den organischen Stoffen entstehen anorganische Stoffe wie Kohlenstoffdioxid, Wasser und Mineralstoffe, die wieder anderen Organismen zur Verfügung stehen, wie etwa den Pflanzen für die Photosynthese. So werden Stoffkreisläufe wie der Kohlenstoffkreislauf aufrechterhalten.
Pilze bilden meist Gemeinschaften mit anderen Lebewesen. Profitieren beide Lebewesen von der Partnerschaft, nennt man das Symbiose. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Der Pilz schließt sich mit Grünalgen und/oder photosynthetisch aktiven Bakterien zusammen. Die dadurch entstandene Lebensgemeinschaft bezeichnet man als Flechte. Weiter kann der Pilz eine Symbiose mit einer Pflanze eingehen, genauer gesagt mit ihrer Wurzel, was man auch Mykorrhiza nennt und so viel wie Pilzwurzel bedeutet. Die meisten Bäume wie die Birke leben in einer solchen Gemeinschaft. Die Vorteile: Der Pilz erhält wichtige organische Verbindungen wie Zucker oder Eiweiße von seinen Partnern und liefert im Gegenzug Wasser und Mineralstoffe, die seine Partner zum Überleben brauchen.
Sammeln grundsätzlich erlaubt, aber …
Grundsätzlich stehen Pilze, Beeren und sonstiges Waldobst wie zum Beispiel Edelkastanien im Eigentum des Waldeigentümers. Sofern der Waldeigentümer aber das Sammeln von Pilzen oder Waldfrüchten nicht ausdrücklich, zum Beispiel mit einem Hinweisschild, untersagt, beschränkt oder dafür ein Entgelt verlangt, dürfen Pilze und Früchte gesammelt werden. Die Zustimmung des Waldeigentümers zum Sammeln ist anzunehmen, wenn es dieser stillschweigend duldet. Wer entgegen einem derartigen Verbot des Waldeigentümers Pilze und Waldfrüchte sammelt, kann von ihm zivilrechtlich geklagt werden. Unzulässig gesammelte Pilze und Früchte können vom Waldeigentümer abgenommen werden.
Wurde das Sammeln vom Waldeigentümer nicht eingeschränkt oder verboten, gelten dennoch öffentlich-rechtliche Bestimmungen, die verschiedene Beschränkungen oder Verbote vorsehen. So darf man nicht mehr als zwei Kilogramm Pilze pro Tag sammeln. Es dürfen keine Pilz- und Beerensammelveranstaltungen durchgeführt werden bzw. darf man nicht an solchen teilnehmen.
Pilze können sowohl abgeschnitten als auch vorsichtig aus dem Boden gedreht werden; das darunterliegende Mycel nimmt davon keinen Schaden. Schwammerl unbedingt mit Eimer, Korb, Papier- bzw. Stofftragetasche sammeln. In Plastiktüten fangen Pilze zu schwitzen an und beginnen bereits vor der Verarbeitung zu verderben. Man sollte nur Pilze mitnehmen, die man kennt. Im Ernstfall die Vergiftungszentrale unter 01/406 43 43 anrufen, die rund um die Uhr besetzt ist. Auf Basis der telefonisch mitgeteilten Fakten beurteilt der Arzt, ob ein Gesundheitsrisiko besteht und ärztliche Hilfe nötig ist. ❏
Stefanie Schadler
Zum Foto: Wer einmal einen Schwammerlplatz gefunden hat, kann sich schon mal in ihrem betörenden Duft verlieren. Dennoch gibt es Regeln beim Schwammerlsuchen, an die man sich halten sollte.
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